Auch Tierethik und Aktivismus sind Themen, die allen Menschen zugänglich sein müssen. Alle Menschen haben ein Recht darauf an den Prozessen und Debatten unserer Gesellschaft teilzunehmen. Wenn die Tierbefreiungsbewegung alle Menschen erreichen und stärker werden will, muss sie anfangen stärker Rücksicht auf die Einschränkungen zu nehmen, mit denen viele Menschen leben.

In der BRD leben ca. 300.000 Menschen mit kognitiven Behinderungen. Diese Menschen sind in ihrer Teilhabe am gesellschaftlichen Leben strukturell massiv eingeschränkt. Die meisten Texte sind für Menschen mit einem gering ausgeprägten Lese- oder Verständnisvermögen nicht zugänglich. Dadurch ist dieser Bevölkerungsgruppe nicht nur der Zugang zu Kulturgut beschränkt, sondern sie wird auch in ihren demokratischen Rechten beschnitten. Informationen zu Gesetzestexten, Politik und Ethik sind fundamental, um Stellung beziehen und Entscheidungen beeinflussen zu können, die das eigene Leben bestimmen. Das Lesen von Texten ermöglicht Bildung und diese muss für alle Menschen zugänglich sein.

Damit Menschen mit kognitiven Behinderungen nicht länger von der Erfassung von Texten ausgeschlossen werden, wurde in den letzten Jahren die Leichte Sprache entwickelt. Sie ist somit ein wichtiger Bestandteil der Inklusion, von dem jedoch bisher von Politik, Organisationen und anderen Einrichtungen unzulänglich Gebrauch gemacht wird.

Leichte Sprache ist eine Abwandlung der deutschen Sprache und ist in Grammatik und Wortschatz stark reduziert. Sie geht inhaltlich von einem geringerem Weltwissen der Leser*in aus und ist durch ein besonders übersichtlich strukturiertes Layout gekennzeichnet.

Zwar richtet sich die Leichte Sprache vorrangig an Menschen mit kognitiver Behinderung, es profitieren allerdings auch viele andere Gruppen von ihr wie Gehörlose, Analphabet*innen, ältere Menschen und Migrant*innen. Offensichtlich kann ein Text aber niemals den ganz unterschiedlichen Fähigkeiten und Wissensständen all dieser Menschen entsprechen und gerecht werden. Beispielsweise sind Menschen mit kognitiver Behinderung nicht nur auf leicht lesbare, sondern auch auf leicht verständliche Texte angewiesen.

Kein Text – auch nicht die Leichte Sprache – kann universal sein. Allerdings können einige grundsätzliche Merkmale bzw. Regeln für die Verwendung Leichter Sprache festgemacht werden:

  • Kurze Wörter und Sätze
  • Einfache Sprache
  • Nur eine Aussage pro Satz
  • Klare und logische Struktur
  • Texte ggf. zusätzlich mit Bildern erläutern
  • Verständlichkeit ist im Zweifelsfall wichtiger als andere Kriterien (z.B. geschlechtergerechte Sprache)

Um die zu vermittelnden Inhalte so inklusiv wie möglich zu gestalten, müssen auch andere Medien wie Videos, Fotos oder Audiospuren in Erwägung gezogen werden. Unabhängig vom Medium sollten während des gesamten Gestaltungsprozesses Menschen mit kognitiven Behinderungen um Rat gefragt werden, da nur sie die Verständlichkeit letztlich beurteilen können.

Vielen Dank an Laura Heidrich, die unser Selbstverständnis in Leichter Sprache mehrfach Korrektur gelesen hat.

Quellen:

http://www.webforall.info/wp-content/uploads/2012/12/EURichtlinie_sag_es_einfach.pdf

https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Publikationen/a752-ratgeber-leichte-sprache.pdf?__blob=publicationFile

https://www.nibis.de/uploads/2ddl/Christiane%20Maa%C3%9F-Regeln%20Leichte%20Sprache%20U%CC%88bersicht.pdf

http://www.leichte-sprache-sachsen.de/leichte-sprache/was-ist-leichte-sprache/

Text von Carsten Pochert