Waren Sie schon bei einer Pferdeshow? Viele Menschen sind fasziniert von den Bewegungen, die an Tanzen erinnern – eine harmonische Verbindung zwischen Mensch* und Tier*, die scheinbar ohne Worte funktioniert. Nur…wie funktioniert das wirklich?

Ein Pferd ist ein Fluchttier. Neue Reize, fremde Geräusche, Bewegungen, die nicht zugeordnet werden können, werden sofort als Gefahr eingestuft. So verhält es sich ebenfalls mit allem was sich von der Seite oder von oben dem Rücken nähert – in der freien Wildbahn greifen auf diese Art nämlich Raubtiere an.

Ein Pferd, das trainiert wird, muss deshalb immer gegen seine Instinkte arbeiten und lernen sein natürliches Verhalten zu unterdrücken. All das wird mit mehr oder weniger Zwang und Druck erzeugt: mit Gerten, Peitschen, Gebissen und Sporen. Oft wird das natürliche Verhalten bestraft, was die Angst vor Menschen* verstärkt und das Pferd widerwillig weiterarbeiten lässt. Die harmonische Zusammenarbeit zwischen Pferd und Reiter ist sehr einseitig: Es handelt sich um die Unterdrückung einer Spezies für die Unterhaltung einer anderen.

Die Tiere* werden in den Pferdeställen in eine Haltung gezwungen, die mit dem natürlichen Verhalten nichts zu tun hat. Als Steppentier bewegt sich ein Pferd bis zu 16 Stunden am Tag. In der modernen Pferdehaltung steht das Pferd in der Regel 22 Stunden in einer ca. 12qm großen Box und wird die restlichen 2 Stunden unter Zwang bewegt, wenn sich der Mensch* dazu entschließt. Viele Pferde zeigen Störungen der Psyche wie Gitterbeißen, weben, scharen und koppen. Alle Störungen wirken sich negativ auf die physische Gesundheit des Pferdes aus. In diesen Fällen werden Vorkehrungen getroffen, die die Störungen schwächen sollen, wie beispielsweise spezielle Salben für die Gitter und Futtertröge, Trennung von den Artgenossen und Fußfesseln.

Show-, Sport- und Zirkuspferde müssen zusätzlich die Strapazen langer Reisen über sich ergehen lassen. Jeder Transport bedeutet Stress. Sie müssen stundenlang in einem LKW angebunden stehen, ohne die Möglichkeit sich umzudrehen, hinlegen oder trinken zu können. Getränkt wird in den Pausen oder nach der Ankunft. Dies kann oft mehr als 4 Stunden dauern.

Während der Turniere und Shows sind die Pferde bereits eingeritten. Bis das Pferd jedoch das Niveau der Pferdeshow erreicht hat, vergehen oft 4-5 Jahre. In dieser Zeit wird sein Wille gebrochen, es wird dazu gezwungen eine*n Reiter*in zu tragen und seinen*ihren Befehlen zu folgen, die durch die Anwendung von Sporen, Gebissen und Gerten durchgesetzt werden. Aus Angst entwickelt sich eine unterworfene Haltung, die dazu führt, dass das Pferd alle Befehle ausführt, es ist aber weder sein Wille, noch hat das Pferd in irgendeiner Art und Weise Spaß dran.

In den verträumten Pferdeshows werde oft spanische Pferderassen genutzt. Diese wurden schon immer wegen ihnen zugeschriebenen Eigenschaften wie Erhabenheit und Temperament gezüchtet. Geritten werden meist nur die Hengste – in früheren Zeiten ausschließlich von Männern als eine Präsentation der maskulinen Kraft und des männlichen Stolzes. Stuten wurden nur in der Zucht und zur Hofarbeit eingesetzt.

Die iberischen Pferde werden immer noch mithilfe eines sehr schmerzhaften Geräts eingeritten und ausgebildet – der Seretta. Dies ist eine Art Bogen aus Metall, das mit vielen kleinen, scharfen Zacken versehen ist. Dieser Bogen wird auf dem empfindlichen Nasenrücken über die Nüster befestigt, um das Pferd so in die unnatürliche, aber sehr begehrte Kopf- und Halshaltung zu zwingen. Verletzungen der Haut, Vernarbungen und nicht selten Nasenbeinbrüche sind an der Tagesordnung. Die hohe und enge Kopf- und Halshaltung führt zudem zu einer unnatürlichen Verformung der Wirbelsäule. Statt sich zu wölben, wird diese nach unten gedrückt, was dem Pferd weitere Schmerzen bereitet.

Dressur- und Showpferde zeigen bei den Auftritten verschiedene Figuren, die durchaus in der freien Wildbahn von den Hengsten genutzt werden, um den Stuten zu imponieren und um fremde Hengste von der Herde fern zu halten. Der Mensch* versucht dieses Verhalten jedoch unter Zwang zu perfektionieren, dies auf Turnieren zu präsentieren und sich mit anderen Reiter*innen zu messen. Dies ignoriert den Willen des Pferdes und führt dazu, dass dieses zu einem Sportgerät und Unterhaltungsobjekt degradiert wird.

Wollen wir das wirklich?

ARTGERECHT IST NUR DIE FREIHEIT!

Text von Anna Thiemann-Schröder